Gemeinsam mit Petra Liebner und Hans-Christian Bresgott habe ich 2021 einen umfangreichen Quellenband zur Geschichte des Deutschen Roten Kreuzes herausgegeben. Anlass war das hundertjährige Bestehen des DRK-Dachverbandes und damit auch des heutigen Generalsekretariates.
Das Buch entstand im Rahmen eines großangelegten Zeitzeugenprojektes, das die Lebenserinnerungen hunderter Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler sammelt, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. Dieses noch andauernde Unterfangen dürfte sowohl von seinem Umfang wie von seiner professionellen Durchführung her ohne Beispiel sein, und es besitzt über die Sphäre des Roten Kreuzes hinaus zeitgeschichtliche Bedeutung. In diesem Buch Sammelband stellen wir einen kleinen Querschnitt daraus vor. Er enthält rund siebzig Lebensgeschichten, umfasst knapp vierhundert Seiten und kann über die DRK-Service GmbH bestellt werden.
In der Reihe „Beiträge zur Rotkreuzgeschichte“ erschien dann im Jahr darauf die erste systematische Dokumentation mit Erinnerungen an das DRK der DDR, für die etwa hundert Zeitzeugen über mehrere Jahre hinweg Auskunft gegeben haben. Das Buch präsentiert einen großen Querschnitt daraus, als historische Selbstvergewisserung wie auch als Teil der Alltags- und Sozialgeschichte der DDR. Wie die gesamte Reihe erschien der Band bei der Akademischen Verlagsgemeinschaft München, er kann über den Buchhandel bestellt werden.
Mittlerweile hat dieses Projekt auch im Westen Schule gemacht; eine singuläre Sammlung ist im Entstehen. Der zweite systematische Band mit Erinnerungen aus dem Hamburger Roten Kreuz ist im Juni 2023 herausgekommen.
Bewusst haben wir für dieses Projekt die Form der mündlichen Überlieferung gewählt. Sie stellt die bei weitem älteste und universellste Gattung des Erzählens dar. Die großen Epen der Völker wurden über viele Generationen auswendig weitergegeben und erst viel später schriftlich fixiert. Dem mündlichen Bericht wohnt eine Kraft und Unmittelbarkeit inne, die keine noch so raffinierte schriftliche Form einzuholen vermag.
Die Geschichte des Roten Kreuzes begann bekanntlich selbst mit einem Zeitzeugenbericht, mit Henry Dunants Erinnerung an Solferino. In dieser autobiographischen Schrift, die der Genfer Geschäftsmann 1862, drei Jahre nach der großen Schlacht südlich des Gardasees, herausbrachte, beschrieb er seine Erlebnisse als Nothelfer in den Tagen und Wochen nach der Schlacht. Diese erschütternde Schilderung beeindruckte die Zeitgenossen so sehr, dass schließlich eine weltumspannende Bewegung in Gang kam. Noch heute wird das Rote Kreuz von der Energie dieses Urknalls angetrieben.